Information zu historischen Fällen sexualisierter Gewalt vor 1998 in unserer Gemeinde

Stand: 27.02.2024

Am 25.01.2024 ist die sogenannte ForuM-Studie veröffentlicht worden, die sich mit dem Thema sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche in Deutschland beschäftigt hat. Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig. Sie stellt fest, dass sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche ein Problem ist. Es gibt sie und das ist schrecklich und schlimm. Viele Erkenntnisse der Studie, fordern uns dazu auf, in den kommenden Monaten und Jahren Dinge in unserer Kirche zu verändern. Das ist notwendig und steht außer Frage. Jeder einzelne Fall sexualisierter Gewalt ist einer zu viel und kirchliche Strukturen müssen einer intensiven Aufarbeitung Raum und Zeit geben.

Auch wir als Gemeinde haben eine Geschichte mit diesem Thema. Ein Pfarrer aus Lahde ist beschuldigt, in der Zeit vor 1998 sexualisierte Gewalt an minderjährigen Schutzbefohlenen ausgeübt zu haben. Als Gemeindeleitung wurden wir Ende Dezember 2023 darüber in Kenntnis gesetzt, dass dieser Vorfall dem Superintendenten unseres Kirchenkreises gemeldet wurde. Der Superintendent hat diese Informationen, entsprechend des Kirchengesetzes, an die Meldestelle für sexualisierte Gewalt der Landeskirche weitergeleitet. Dort hat ein Interventionsteam die Arbeit zum Fall aufgenommen. Seit diesem Zeitpunkt stellen auch wir uns als amtierende Gemeindeleitung der Verantwortung, die uns heute zukommt. Dazu gehört es, die Gewalt, die Betroffene erfahren haben, anzuerkennen, ihnen Hilfestellung anzubieten und zu hören, was diese Personen brauchen und wollen.

Es geht darum, das jetzt noch einmal zu tun, denn erstmalig begann im Jahr 2000 eine zweijährige Auseinandersetzung mit diesem Thema. Zu dieser Zeit hat sich eine Person einigen Mitgliedern der Gemeinde anvertraut und von ihren persönlichen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt durch die beschuldigte Pfarrperson gesprochen.

Wir haben in den vergangenen Wochen deutlich gehört, dass die Gemeindeleitung, die damals mit dieser schrecklichen Einsicht konfrontiert war, nach bestem Wissen und Gewissen in einem zweijährigen Prozess reagiert und gehandelt hat. In diesem Zusammenhang wird auf Basis der uns zur Verfügung stehenden Protokolle und anderer belegbarer Quellen eine Chronologie erarbeitet und anschließend veröffentlicht.

Nun sind wir im Jahr 2024 und doch sind wir heute erneut aufgefordert und in Verantwortung, uns mit diesem Thema zu befassen. In den vergangenen Jahrzenten hat sich das Verständnis davon, wie man mit sexualisierter Gewalt umgeht und wie man ihr begegnet, verändert. Nach heutigen Maßstäben gehört zur Aufarbeitung dieser Gewalt auch der Schritt, Prozesse transparent in die Öffentlichkeit zu tragen.

Dieser Schritt wurde im Jahr 2002, am Ende des ersten Aufarbeitungsprozesses, in Absprache mit dem Kirchenkreis, der Gemeindeleitung und den damals  bekannten Betroffenen nicht gegangen. Nach dem, was wir hören, war dieser Entscheidung eine aufreibende Suche nach weiteren Betroffenen vorausgegangen und eine Stigmatisierung der der Gemeinde noch eng verbundenen Familienmitglieder des beschuldigten Pfarrers sollte vermieden werden. Spätestens seit der öffentlichen Berichterstattung im Januar über die Fälle von sexualisierter Gewalt in unserer Gemeinde wurden Sorgen laut, dass die Arbeit des damaligen Presbyteriums durch die Aufarbeitung heute, in Misskredit gerät. Jedoch geht es uns als Presbyterium im Jahr 2024 nicht darum, Kriterien, die es heute gibt, auf Vorgänge von damals anzuwenden und daraus Vorwürfe zu generieren. Unser Fokus liegt auf der Anerkennung und den Bedürfnissen aller Betroffenen jener Gewalt, die in unserer Gemeinde vor vielen Jahren stattgefunden hat. Wir kommunizieren diesen Prozess und seine Geschichte öffentlich, damit alle Menschen, die uns aus unterschiedlichsten Gründen nicht nahe genug sind, aber von dieser Gewalt betroffen waren, davon erfahren können.

Die unterschiedlichen Möglichkeiten für Betroffene sich zu melden, sind auf dieser Seite zu finden.

Neben differenzierten Hilfsangeboten gibt es auch die Möglichkeit, eine „Anerkennungsleistung“ zu bekommen. Dabei handelt es sich um eine finanzielle Zuwendung der Landeskirche, deren Sinn es ist, „anzuerkennen“, dass diesen Personen Unrecht widerfahren ist. Hierbei geht es um eine symbolische Geste. Das Unrecht, das Betroffenen geschehen ist, kann durch keine Zahlung der Welt ungeschehen gemacht werden.

Bitte fühlen Sie sich ermutigt, in Ihrem Umfeld über die Vorfälle in unserer Gemeinde zu sprechen und die heutigen Angebote bekannt zu machen, damit alle Betroffenen die Anerkennung erhalten, die ihnen guttut.

Das Presbyterium und IPT der Kirchengemeinde Lahde

Yvonne Bartholome, Daniel Diekmann, Christian Hofmeier, Christian Hotze, Sabine Hülsiepen, Barbara Keller, Birgit Kurre, Alexander Möller, Gisbert Plitt, Christoph Rodenbeck, Volkmar Scharf, Sarah Schmidt, Jörg Schreiber, Lennart Schultz, Jana Stranzenbach, Mirco Tegeler

Anlaufstellen für Betroffene

Neutrale Anlaufstelle "help"
www.anlaufstelle.help

Verein Wildwasser Minden
Beratung für Mädchen und Frauen
www.wildwasser-minden.de

Beratungsstelle Mannigfaltig
für Jungen und junge Männer gegen sexualisierte Gewalt
www.mannigfaltig-minden-luebbecke.de

Meldestelle der Landeskirche
www.evangelisch-in-westfalen.de

Superintendent Michael Mertins
Telefon (05 71) 8 37 44 32
www.kkminden.de

Gemeindepädagogin Sabine Hülsiepen
Pfarrer Alexander Möller

Ansprechpartner unserer Gemeinde